Bevor die Prozessanalyse starten kann, stehen entscheidende Fragen im Raum:
- Von wo bis wo geht ein Geschäftsprozess?
- Wie detailliert sind Geschäftsprozesse zu betrachten?
Schau Dir mit mir prominente Prozessdefinitionen an. Wie sieht die praktische Umsetzung aus? In diesem Artikel gehe ich der Geschäftsprozess Definition auf den Grund und wende sie auf die Praxis an.
Du wirst eine einfache Definition mitnehmen, die Du nie mehr nachschlagen musst.
Was ist ein Prozess im Unternehmen?
Um herauszufinden was ein Prozess im Unternehmen ist, schaue ich mir zuerst bekannte Werke an.
Dazu habe ich mir die ISO 9000 herausgesucht, da Zertifizierung nach ISO 9001 häufig in großen Firmen gegeben ist. Und ich habe ein populäres Buch des Prozessmanagements gewählt.
Geschäftsprozesse Definition ISO 9000
Ein Prozess ist ein "Satz zusammenhängender oder sich gegenseitig beeinflussender Tätigkeiten, der Eingaben zum Erzielen eines vorgesehenen Ergebnisses verwendet." DIN EN ISO 9000:2015-11 Absatz 3.4.1 mit diversen erklärenden Anmerkungen
Geschäftsprozesse Definition des BPR
"Wir definieren einen Unternehmensprozess als Bündel von Aktivitäten, für das ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt." Hammer, M., Champy, J., Business Reeingenieering, Seite 52
Die Elemente, aus denen sich ein Prozess zusammensetzt, sind laut dieser Definitinen Tätigkeiten oder Aktivitäten.
Was ist also eine Tätigkeit?
Eine Tätigkeit ist - laut Duden - ein "Sichbeschäftigen mit etwas".
Diese Prozessdefinitionen beantworten für mich nicht die Fragen:
- Von wo bis wo geht ein Geschäftsprozess?
- Wie detailliert sind Geschäftsprozesse zu betrachten?
Sind diese Prozess Definitionen hilfreich?
Ich finde nicht.
Ich wähle einen anderen Betrachtungswinkel - den aus der Arbeitspraxis. Schauen wir uns einen Geschäftsprozess, auch als Business Prozess bezeichnet, genauer an.
Giersberg®-Prozessmodell als PDF
Starte die Prozessanalyse mit dem Wissen,
wie Du Prozesse identifizierst und abbildest.
Geschäftsprozess Beispiel
Machen wir eine Prozessaufnahme in der Abteilung Verkauf. Gehen wir gedanklich an einen Arbeitsplatz und fragen wir die Person, was sie macht. Sie wird antworten: 'Angebote erstellen'.
Fragen wir weiter nach, wie sie das macht, könnte sie aufzählen:
- Beratungsgespräch durchführen
- Angebot ausarbeiten
- Auftrag ok?
- Wenn ja: dann Auftrag bestätigen
- Wenn nein: Angebot überarbeiten
Wir könnten weiter nachfragen: "Wie arbeitest Du das Angebot aus?
Die Antwort könnte sein:
- Kund:innendaten eingeben
- Angebotsdaten eintragen
- Angebotstext formulieren
- Angebot ausdrucken
Und nochmals könnte ich weiter nachbohren und fragen "Wie gibtst Du 'Kund:innendaten ein?".
Die Antwort wäre:
- Prüfen, ob Kund:innendaten vorhanden sind
- Wenn ja: Überprüfen, ob sie aktuell und vollständig sind
- Wenn nein: Kund:innendaten eingeben
Ich kann also immer weiter nachfragen und bekomme immer mehr Details geliefert.
Was von den Darstellungen ist nun ein Prozess?
Diese Antwort bekommen ich mit den angeführten Prozessdefinitonen nicht.
Und überhaupt finde ich diese Prozessdefinitionen recht sperrig.
Gibt es nicht eine Definition, die ein "Aha!" statt ein "Hä?" erzeugen kann?
Also zurück auf "Start".
Ich frage mal andersherum: Wie habe ich es in der Unternehmenspraxis erlebt?
Recht einfach.
Mitarbeiter:innen bezeichnen das was sie machen als ihre Prozesse. Sowohl
- das "Angebot erstellen"
- als auch der Baustein "Angebot ausarbeiten"
- als auch der wiederum kleinteiligere Baustein "Kund:innendaten eingeben".
Da ich mit den bisherigen Definitionen nicht weiterkomme, versuche ich es jetzt mal selbst.
Wichtige Merkmale von Geschäftsprozessen
Zunächst halte ich es für verständlicher, wenn man Prozesse als eine Folge von Tätigkeiten betrachtet.
Diese Folge kann immer kleinteiliger betrachtet und noch genauer als neuer Prozess beschrieben werden. Das geht solange, bis man wirklich auf der untersten beschreibbaren Ebene angekommen ist.
Merkmal 1
Deshalb kann ich sagen:
AUF DEN PUNKT GEBRACHT
Ein Geschäftsprozess ist eine Abfolge von Tätigkeiten, die mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad darstellbar ist.
Merkmal 2
Ich halte ein weiteres Merkmal für wichtig:
Unseren Arbeitsalltag kennzeichnen nicht nur Prozesse, sondern auch Projekte. Also Projekte im klassischen Sinne, die einmalige Vorhaben sind und mit Erreichung ihres Zieles erlischen. Prozesse und Projekte sollten wir unbedingt voneinander unterscheiden, da sie ein unterschiedliches Management benötigen. Deshalb möchte ich ein Merkmal hinzufügen:
AUF DEN PUNKT GEBRACHT
Ein Geschäftsprozess ist eine sich wiederholende Abfolge von Tätigkeiten.
Nach diesen Ergänzungen ist jedoch immer noch nicht klar, von wo bis wo ein Geschäftsprozess geht.
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In diesem Buch erkläre ich, wie Du Prozesse findest und wie Du die Detaillierungsgrade voneinander unterscheidest. Das gingt Dir gut mit meinem Giersberg®-Prozessmodell und klaren Begriffsdefintionen.
Ich habe mich kurz gefasst und präzise formuliert. Du kannst das Buch zügig durcharbeiten und später das Modell downloaden und Dein Wissen in einem Kurs vertiefen.
Geschäftsprozess Definition Schmelzer/ Sesselmann
Es gibt noch eine Definition des Geschäftsprozesses, die ich für sehr wissenswert halte: "Ein Geschäftsprozess besteht aus der funktionsüberschreitenden Folge wertschöpfender Aktivitäten, die vom Kunden erwartete Leistungen erzeugen und die aus der Geschäftsstrategie und Geschäftszielen abgeleiteten Prozessziele erfüllen." Schmelzer, H.J.; Sesselmann, W.; Geschäftsprozessmanagement in der Praxis, 9. Auflage, München 2020, Seite 64
Diese Definition finde ich nahezu perfekt. Sie vermag in wenigen Worten das zu sagen, was Geschäftsprozesse erreichen sollten. Mit dieser Definition betrachten wir das Unternehmen als großes Ganzes und bekommen die Antwort, dass Prozesse die vom Kunden erwartete Leistung erzeugen. So ist eine unternehmensweite Betrachtung des Prozessbegriffes hinzugekommen.
Unsere Frage nach Anfang und Ende ist nicht beantwortet worden. Es ist jedoch die ganzheitliche Perspektive hinzugekommen. Auch diese finde ich wichtig. Prozessmodelle helfen, unterschiedliche Detaillierungsgrade in Beziehung zu einander zu setzen. Die von Schmelzer/ Sesselmann getroffene Beschreibung passt für mich auf eine Prozesskette oder auch End-to-End Prozess.
Die ganzheitliche Perspektive bringt mich zu einem Blick ins Organigramm. Der Abbildung unseres Unternehmens, in welchen Bereichen und Abteilungen es untergliedert ist.
Jede Abteilung ist einmalig und hat die Aufgabe, ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erzeugen. Ansonsten bräuchte es diese Abteilung nicht.
Anders betrachtet: Wenn wir alle Abteilungsergebnisse zusammenlegen, bekommen wir das Unternehmensergebnis. Wenn wir wissen wollen, wie das erarbeitet wird, müssen wir in die Abteilungen und auf deren Ergebnisse schauen. Es macht Sinn, den Prozessbegriff auf die Einheit des Unternehmens anzuwenden, die ein weiterverarbeitbares Ergebnis erzeugt.
Merkmal 3
So füge ich der Definition des Geschäftsprozesses hinzu:
AUF DEN PUNKT GEBRACHT
Ein Geschäftsprozess sind Tätigkeiten in einer Abteilung zur Erzeugung eines Ergebnisses.
Durch diese Begenzung wird der Prozessbegriff konkret.
Du weißt nun, wo Du nach Prozessen suchen musst.
Definition Geschäftsprozess - meine Empfehlung
Wenn ich die genannten Merkmale zusammenfasse, dann erhalte ich:
DEFINITION Geschäftsprozess
Ein Geschäftsprozess ist eine sich wiederholende Abfolge von Tätigkeiten in einer Abteilung (einer Organisationseinheit) zur Erzeugung eines Ergebnisses.
Diese Abfolge ist mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad darstellbar.
Um die Geschäftsprozesse Deines Unternehmens zu identifizieren, musst Du die Abteilungen und deren Output kennen. Für jedes Abteilungsergebnis kannst Du einen Prozess beschreiben. In diesem stellst Du dar, in welchen Prozessschritten das Abteilungsergebnis erarbeitet wird.
Da ein Abteilungsergebnis der Input für weitere Prozesse von anderen Abteilungen ist, eignet sich hierfür eine Darstellung in Form einer Prozesskette - auch End-to-End Prozess genannt.
Korrekt wäre es, immer von einem Geschäftsprozess zu sprechen. Nun hat es sich jedoch eingebürgert, immer nur von einem Prozess zu sprechen. Und so will ich das hier auch im gesamten Blog tun.
FAZIT
Es gibt einige Definitionen von Geschäftsprozessen. Sie bleiben sehr allgemein und sind dadurch wenig hilfreich für die Identifikation der Prozesse im Unternehmen.
Einfacher ist es mit einer Beschreibung des Begriffes, die uns direkt bei der Benennung der Unternehmensprozesse hilft. Der Prozessbegriff sollte die wesentlichen Merkmale enthalten und klar machen, wo ein Prozess beginnt und endet.
Ein Prozessbegiff allein vermag jedoch nicht die komplexe Welt der Geschäftsprozesse beschreiben. Es bedarf weiterer Betrachtungen für den Lauf der Prozesse durch das Unternehmen, wie Prozessketten.
Alle Begriffe sollen durch ein Prozessmodell in Zusammenhang gebracht werden, um den jeweiligen Fokus eines Begriffes zu verdeutlichen. Hierfür habe ich das Giersberg®-Prozessmodell entwickelt. Die Prozesslandkarte ist die oberste Ebenen der Prozessbetrachtung, sie zeigt die gesamte Prozesslandschaft.
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