Organigramm und Prozesslandkarte - was unterscheidet sie?
Mit einem Organigramm arbeiten wir um Unternehmen seit jeher. Die Prozesslandkarte ist ein relativ junges Instrument. Warum braucht es beide Unternehmensansichten? Erfahre mehr in diesem Blogartikel.
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Organigramm
Organigramme sind grafische Abbildungen mit vielen Kästchen, die pyramidenförmig angeordnet sind. Im oberen Kästchen ist die Unternehmensleitung, in den Ebenen darunter sind die Bereiche und darunter die Abteilungen aufgeführt.
Das Organigramm ist das Abbild der Führungshierarchie im Unternehmen. Das Grundprinzip eines hierarchieorientierten Unternehmens lautet:
Ein gutes Unternehmensergebnis wird erreicht durch Spezialisierung und starke Arbeitsteilung.
Dieses Grundprinzip ist schon alt. Es geht auf die Anfänge der Industrialisierung zurück. Eines der populärsten Beispiele dieser Zeit ist Henry Ford. Zuerst ließ er wenige Arbeiter ein Auto komplett zusammenbauen. Dann kam er jedoch zu einer entscheidenden Erkenntnis:
Wenn die Arbeiter nur wenige Arbeitsschritte ausführen, wird das Auto schneller gebaut.
Also teilte er die Arbeiter in einzelne Einheiten auf. Damit konnten sich die Angestellten auf bestimmte Tätigkeiten spezialisieren. Und dadurch konnten die Tätigkeiten schneller und kostengünstiger ausgeführt werden. Die Zerlegung in Arbeitsschritte steigert die Effizienz enorm. Die industrielle Massenproduktion entstand. Die Arbeitsteilung wird durchgehend angewandt.
Einen Nachteil bringt die Arbeitsteilung mit sich:
Verwaltungsaufwand entsteht. Alles muss zueinander passen. Das richtige Material muss in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt vorhanden sein. Auch heute arbeiten wir sehr arbeitsteilig. Wir arbeiten sehr effizient in spezialisierten Abteilungen. In vielen spezialisierten Abteilungen.
Und der Organisationsaufwand?
Der ist gestiegen - mit jeder weiteren Arbeitsteilung. Und nun ist er gewaltig.
Ist dieser hohe Organisationsaufwand überhaupt notwendig?
Wir wissen es nicht mehr. Uns ist der Bezug verloren gegangen. Es ist nicht mehr überschaubar: Wofür mache ich was? So kamen Organisationsexpert:innen schon Mitte der achtziger Jahre zu der Erkenntnis: Diese nur auf Arbeitsteilung ausgerichtete Organisationsform muss geändert werden.
Prozesslandkarte
Es muss wieder möglich sein, die Zusammenhänge zu sehen. Es soll klar sein, WARUM etwas gemacht wird. WIE die logische Reihenfolge bei der Erstellung des Produktes ist. Also alles vom Ausgangspunkt bis zum Ende zu überblicken, die Arbeitsschritte zu überblicken von dem, was die Kundin oder der Kunde wünscht, bis zu seinem Kauf.
Diese Zusammenhänge werden durch die End-to-End End Betrachtung der Prozesse deutlich.
Um das zu erreichen, müssen die vielen Prozesse des Unternehmens auseinandersortiert werden.
Das funktioniert so ähnlich wie bei einem Puzzlespiel: Zuerst ordne ich die durcheinanderliegenden Puzzleteile. Die Rahmenteile auf die eine Seite und die anderen auf die andere. Habe ich den Rahmen zusammengesetzt, kann ich schon leicht einige Puzzleteile anlegen.
Genauso machen wir es auch mit den Prozessen.
Den Rahmen stellen die Wertschöpfungsprozesse dar. Diese sortieren wir nach dem End-to-End Prinzip. Wir legen sie in die Folge ihres logischen Ablaufes. Wir beginnen bei der Aufnahme des Kundenwunsches durch die Vertriebsprozesse über die Produktionsprozesse bis hin zur Auslieferung und damit Erfüllung des Kundenwunsches.
An diesen durch die Wertschöpfungsprozesse gesetzten Rahmen können wir die anderen Prozesse andocken. Auch diese kann man wie Puzzleteile nach ihrer Funktion sortieren. Ganz grob in Support- und Managementprozesse. Und dann immer etwas feiner nach ihrem Aufgabengebiet.
So kommen wir schließlich zu einer Übersicht über die Prozesse. Wir haben eine Prozesslandkarte erstellt.
Eine Prozesslandkarte erfordert ein anderes Denken.
Eine Prozesslandkarte betrachtet nicht nur die spezialisierten Abteilungen. Sie betrachtet die Prozesse der Abteilungen und bringt sie in die richtige Abfolge. Sie betrachtet Prozessketten. Sie betrachtet sie nach ihrer Bedeutung für das Unternehmensergebnis.
Unterschiede von Organigrammen und Prozesslandkarten auf einen Blick
Eine Prozesslandkarte stellt dar,
- was es für Prozesse im Unternehmen gibt und
- welche Funktion sie haben.
Eine Prozesslandkarte gibt uns die Möglichkeit, wieder so zu denken, wie es vor der industriellen Produktion noch war.
Die zwei Arbeiter, die anfangs ein Auto von Henry Ford komplett montierten, kannten alle Handgriffe, besorgten sich eigenständig das notwendige Material. Sie konnten alle Arbeiten von Anfang bis Ende überblicken.
Eine Prozesslandkarte ermöglicht uns das auch.
Sie ermöglicht es, unsere Prozesse von Anfang bis Ende zu überblicken.
Und das,
- obwohl die Spezialisierung enorm zugenommen hat,
- es wesentlich mehr Prozesse gibt,
- die Prozesse manchmal über den ganzen Globus hinweg stattfinden.
Organigramm und Prozesslandkarte im direkten Vergleich:
Darum ist es so schwer, Prozesslandkarten zu erstellen:
Organigramm
Prozesslandkarte
Im Vordergrund steht,
welche spezialisierte Arbeit durch wen erbracht wird
welche Prozesse als welche Prozessart fungieren
Instrument der
Aufbauorganisation
Ablauforganisation
Oberstes Ziel
Funktionsorientierte Spezialisierung wie Einkauf, Produktion, Verkauf
Durchgängige Betrachtung insbesondere der wertschöpfenden Prozesse von Kundenwunsch bis Kundenzufriedenheit, also von Verkauf über Produktion bis Service
Keine Aussage dazu,
welche Prozesse es gibt
wer wem unterstellt ist
Mittel zur Organisationsverbesserung
Neue Abteilungen
Prozesse optimieren
FAZIT - Organigramm und Prozesslandkarte
Ein Organigramm ist das Abbild der Arbeitsteilung in einer hierarchischen Führungsweise.
Die Prozesslandkarte ist das Abbild der Prozesse nach deren Bedeutung für das Unternehmensergebnis.
Das Erstellen von Prozesslandkarten ist nicht so einfach. Es erfordert eine neue Betrachtungsweise. Prozesse wollen zunächst erkannt und sichtbar gemacht werden. Und erst dann können die Prozesse sortiert und zu einer Prozesslandkarte zusammengesetzt werden.
Das Erstellen von Prozesslandkarten erfordert couragiertes Denken. Ein Denken, das sich nicht von Abteilungsgrenzen aufhalten und von Hierarchiestufen beeindrucken lässt.
Beginne noch heute damit, deine Prozesslandkarte zu erstellen!