Wie Expert:innen eine Prozesslandkarte erstellen
Du willst Deine Prozesslandschaft identifizieren? Du möchtest die Supply Chain / Wertschöpfungskette darstellen? Du sollst für SAP den Cash-to-Order Process definieren? Die Prozesslandkarte ist das richtige Instrument.
In diesem Artikel vermittele ich dir die Grundlagen zur Prozesslandkarte und gebe dir die Infos, wie du eine aussagekräftige Prozesslandkarte erstellst.
Du kannst gleich mit meiner Gratisvorlage der Prozesslandkarte, Beispielen für gute Prozesslandkarten und meinen Umsetzungstipps für die Bearbeitung starten.
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Was ist eine Prozesslandkarte? Definition
Eine Prozesslandkarte ist eine grafische Übersicht der Geschäftsprozesse.
Prozesslandkarte
Definition
Die Prozesslandkarte steht für die Ablauforganisation.
Sie hat die Aufgabe, die prozessorientierte Sicht auf die Organisation durch die Visualisierung des Zusammenspiels der Management-, Wertschöpfungs- und Supportprozesse und deren Bedeutung für das Unternehmen zu verdeutlichen.
Eine Prozesslandkarte ist das Bild der Prozesse des Gesamtunternehmens.
Sie stellt dar, welche Aufgabe die Prozesse für das Unternehmen haben - unabhängig davon, wo die ausführende Abteilung im Organigramm angesiedelt ist. Die Prozesslandkarte verdeutlicht, in welcher Folge die Prozesse durch das Unternehmen fließen.
Im Prozessmanagement ist sie ein wichtiges Instrument, denn sie stellt die Prozesslandschaft im Überblick dar.
Aufbau- und Ablauforganisation
Traditionell kennen wir die Darstellung des Unternehmens in Form eines Organigramms.
Diese zum Beginn der Industrialisierung entstandene Darstellung ist das Bild der Aufbauorganisation. Das Organigramm zeigt, wie die Arbeitsteilung in den spezialisierten Abteilungen erfolgt, und ist gleichzeitig Ausdruck der hierarchischen Führung des Unternehmens. Das Organigramm zeigt, WER WAS macht.
Die Prozesslandkarte stellt dar, WIE etwas gemacht wird. Sie stellt den Lauf der Prozesse dar.
Durch die Kategorisierung in Prozessarten kann die Prozesslandkarte die Bedeutung der Prozesse für das Unternehmen deutlich machen.
Die Prozesslandkarte ist der Wegweiser in der Prozessoptimierung. Sie zeigt Schnittstellen und durch die Aufbauorganisation getrennte Prozesse, die bei einer unternehmensweiten Prozessoptimierung wieder zusammengefügt werden.
Welche Prozesse und Prozessarten gibt es?
Um eine Prozesslandkarte zu erstellen, gilt es zunächst, die Prozesse des Unternehmens zu identifizieren und zu dokumentieren. Leider ist die Prozessanalyse gar nicht so einfach.
Meist beginnt es schon mit der Frage: Was ist ein Geschäftsprozess?
Mein Tipp
Als Prozesse werden in der Praxis die in den Abteilungen ablaufenden Tätigkeiten bezeichnet.
Wertschöpfungsprozesse / Wertschöpfungskette / Kernprozesse
Um das Unternehmen noch effizienter zu machen, wollen wir die Wertschöpfungskette kennen und optimieren.
Die Wertschöpfungskette enthält die Prozesse, die unmittelbar daran mitwirken, dass das Unternehmen einen Wert schafft und Geld verdient. Aktuell wird diese Betrachtung, wenn beispielsweise auf SAP HANA umgestellt und der Cash-to-Order Prozess definiert werden soll.
Wertschöpfungsprozesse sind der Kern des Unternehmens - seine Existenzberechtigung. So werden sie auch als Kernprozesse bezeichnet. Ich bevorzuge jedoch die Bezeichnung Wertschöpfungsprozesse. So fällt vielen die Identifikation der Prozesse leichter, die die Wertschöpfung ausmachen.
Wertschöpfungsprozesse werden vom Kundenwunsch entlang der Wertschöpfungskette bis zum erfüllten Kundenwunsch gedacht.
Wertschöpfungsprozesse in einer Prozesslandkarte dargestellt
Die Wertschöpfungskette reiht die Prozesse von der Erstellung des Produktes oder der Dienstleistung bis zur Vollendung in ihrer logischen Folge auf.
Es gibt meist mehrere Wertschöpfungsketten.
Diese sind genau herauszuarbeiten. Sie zeigen die Einzigartigkeit des Unternehmens - die Art und Weise, wie Geld verdient wird. Deshalb ist die genaue Identifikation der Wertschöpfungsketten wichtig.
Mit diesen Wertschöpfungsketten wird Geld verdient
Supportprozesse
Nachdem du die Wertschöpfungsprozesse definiert hast, solltest du die Supportprozesse betrachten. Jene Prozesse, die dafür sorgen, dass die Wertschöpfungskette läuft.
Das sind meist sehr viele Prozesse, mehr, als es Wertschöpfungsprozesse gibt.
Typischerweise kennen wir Prozessketten wie:
- Bereitstellen von Personal
- Bereitstellen der Infrastruktur und Ausstattung
- Bereitstellen von Material
Managementprozesse
Managementprozesse dienen der Planung, Diagnose und Steuerung von Wertschöpfungs- oder Supportprozessen. Das sind nur wenige, schwer darstellbare Prozesse auf der obersten Managementebene.
Oft fällt die Einordnung der Prozesse zu dieser Prozessart schwer.
Mein Tipp
Managementprozesse beziehen sich immer nur auf das Gesamtunternehmen. Hinterfrage, ob sich der einzuordnende Prozess auf das Unternehmen als solches bezieht.
Natürlich findet ein Management von Prozessen auch in der Wertschöpfung und im Support statt. Diese PDCA-Zyklen (Plan-Do-Check-Act) sind jedoch nicht mit dem Management des Gesamtunternehmens gleichzusetzen.
Ein lupenreiner Managementprozess ist der Strategieprozess. Also der Prozess der Ausrichtung des Unternehmens auf den Markt.
Prozessketten
Am einfachsten sind Prozessketten zu identifizieren, wenn wir einen Vorgang chronologisch durchdenken. Wie hier im Beispiel, bei dem der Ablauf 'Material bestellen' dargestellt ist.
Die Fachabteilung löst den Prozess mit der Bestellanforderung aus, der Einkauf bestellt und das Material kommt im Lager an. Bezahlt wird die Rechnung von der Buchhaltungsabteilung.
Wenn diese Abläufe von Anfang bis zum Ende über die Abteilungsgrenzen hinweg chronologisch nachvollzogen werden, entstehen Prozessketten. Sie werden auch als End-to-End Prozesse bezeichnet.
Prozesskette - Beispiel Materialeinkauf mit Prozessen in den Abteilungen
Es gelingt nur wenigen Prozesslandkarten, Prozesse zu benennen und deren Fluss durch das Unternehmen darzustellen. Fast alle veröffentlichten Prozesslandkarten zeigen, wie hier im relevanten Wikipediaeintrag Prozesslandkarte, Abteilungen in einer anderen Folge.
Es gibt nur wenig Beispiele für gute Darstellungen. Ein Grund mag im BPM (Business Process Management) selbst liegen.
Die Treiber des BPM sind oft IT Hersteller, die sich größtenteils der BPM Notation verschrieben haben. In ihr wird der Ablauf als Flussdiagramm in Swimlanes über die Abteilungen hinweg in einer Prozessbeschreibung dargestellt. Der so visualisierte Prozessfluss scheint die Prozesslandkarte überflüssig zu machen.
End-to-End Prozesse
Der Begriff 'End-to-End Prozesse' wird derzeit häufig im Zusammenhang mit Unternehmenssoftware wie SAP HANA verwendet. Wie beispielsweise P2P, was für den End-to-End Prozess Purchase-to-Pay steht.
Hiermit sind die im IT-System durchgängig bearbeiteten Transaktionen bzw. Belegflüsse im Einkaufsprozess gemeint.
Einkaufsprozess aus IT-Sicht
Diese 'End-to-End Prozesse' aus IT-Sicht sollten jedoch nicht mit der Organisationssicht gleich gesetzt werden. Aus der Perspektive des gesamten Unternehmens sind nicht nur die Belegflüsse, sondern auch die beteiligten Abteilungen wichtig.
Hier an dem Übergang der Bearbeitung von einer Abteilung in die nächste gibt es Schnittstellen, die Orte wo die Verantwortung von einer Abteilung zur nächsten übergeht. Wie das Unternehmen und die Arbeit der Organisationseinheiten konstruiert ist, verstehen wir nur mit der Organisationssicht.
Natürlich sollten wir anstreben, beide Sichten auf das Unternehmen zu haben: die Organisationssicht und die IT-Sicht. Diese vollständige Sicht ermöglicht eine gezielte Unternehmenssteuerung.
Ich habe beobachtet, dass man jedoch versucht die Abkürzung über die IT-Sicht zu nehmen und nur diese zu betrachten.
Sicht auf die Unternehmensstrukturen
Wie du eine Prozesslandkarte erstellst
Es gibt zwei Wege, die Prozesslandschaft abzubilden:
Top Down Vorgehensweise
Bei der Top Down Vorgehensweise kannst du mit Hilfe des Organigramms starten und zunächst grob die Prozesse benennen. Das Augenmerk liegt auf der Formulierung der Wertschöpfungskette und Einordnung der Prozesse in die Prozessarten.
Aus der Gesamtsicht auf das Unternehmen die Prozesslandkarte entwickeln
Mit dieser Top Down genannten Betrachtung solltest du starten. Mach dann auch den zweiten Schritt! Setze die Prozesslandkarte Bottom Up aus den idenitifzierten Prozessen zusammen.
Bottom Up Vorgehensweise
Diese zweite Vorgehensweise ist zeitaufwändiger, weil du zunächst die Prozesse (nochmal aktuell) aufnehmen und dokumentieren musst.
Dieser zweite Schritt ist wichtig, weil du damit die betriebliche Realität abbildest. Du machst bisher unsichtbare Abläufe als Prozesse sichtbar. Du stellst das reale Zusammenspiel dieser Prozesse - den roten Faden durch Dein Unternehmen dar.
Die erste Vorgehensweise ist schneller und eignet sich gut, um mit dem Prozessmanagement-Projekt zu starten. Willst du jedoch über Annahmen und Vermutungen hinaus die Realität erfassen, musst du die Prozesse an der Basis aufnehmen und dokumentieren.
Die Prozesslandkarte ist ein guter Wegweiser für die Einführung von Prozessmanagement. Durch die Top Down Betrachtung weißt du, wie wichtig Prozesse sind, und kannst dort gezielt das Projekt beginnen. Im Prozessmanagement Betrieb ist die Prozesslandkarte das Werkzeug, das dir die Navigation durch die Prozesslandschaft ermöglicht.
Mein Tipp
Mit der ersten Vorgehensweise starten und dann mit der Prozessaufnahme weitermachen.
Prozesslandkarte erstellen: Tools
Für die erste Vorgehensweise sind die allgemein bekannten Office Tools ausreichend. Ob in Word, Excel oder PowerPoint - in allen Programmen ist ein grafischer Editor vorhanden. Noch besser dokumentierst du mit einem Zeichentool wie Visio.
Für die Prozessaufnahme und anschließende Zusammenfassung der Prozesse Ausschnittkarten ist ein professionelles IT-Tool empfehlenswert, wenn du mehr als 30 Prozessbeschreibungen hast.
kostenlose Vorlage Prozesslandkarte
Damit du keine Zeit in die Erstellung deiner ersten Prozesslandkarte investieren musst, habe ich eine Vorlage für eine Prozesslandkarte in Word, Excel, PowerPoint und Visio erstellt. Diese Vorlage für deine Prozesslandkarte enthält das Grundgerüst, das du schnell an dein Unternehmen anpassen und mit dem du deine Prozesse dokumentieren kannst.
Für deine schnelle Bearbeitung
Vorlage Prozesslandkarte Word
Vorlage Prozesslandkarte Excel
Vorlage Prozesslandkarte Visio
Vorlage Prozesslandkarte PowerPoint
Mein Tipp
Managementprozesse beziehen sich immer nur auf das Gesamtunternehmen. Hinterfrage, ob sich der einzuordnende Prozess auf das Unternehmen als solches bezieht.
Prozesslandschaften für die ISO 9001:2015 und IATF16949:2016
Mit der Prozesslandkarte kannst du die Wechselwirkung der Prozesse darstellen. Du erfüllst damit Kapitel 4.4 der ISO 9001:2015, der Norm für Qualitätsmanagement.
Auch in vergangenen Versionen der ISO 9001 war diese Forderung an das Qualitätsmanagement enthalten. Nun wird mit der Neufassung der Normen jedoch die Prozessorientierung des Qualitätsmanagementsystems deutlicher gefordert. Es gibt sogar ein ganzes Kapitel, das dezidiert Anforderungen für die Prozessorientierung stellt. Ich denke, zu Recht.
Wie sieht eine gute Prozesslandkarte aus? Beispiele
Durch die Wertschöpfungsprozesse generiert das Unternehmen seinen Existenzzweck. Die Prozesslandschaft unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen daher nur in den Wertschöpfungsprozessen. Management- und Supportprozesse laufen vielfach relativ ähnlich ab.
Um die Prozesslandkarten genauer zu betrachten, klicke bitte auf die Grafik.
Definition
Eine gute Prozesslandkarte zeigt, welche Produkte und Leistungen für welche Kundengruppen erbracht werden. Die Einzigartigkeit des Unternehmens ist aus deren Wertschöpfungskette zu erkennen.
Prozessfluss in der funktional agierenden Organisation (siehe Organigramm) und in der Prozessorganisation (siehe Prozesslandschaft)
Was ist der Nutzen der Prozesslandkarte?
- Heute arbeiten wir in Abteilungen und schauen nach den Abteilungsergebnissen. Zuviel, wie wir häufig mit dem Wort Silodenken beklagen. Die Prozesslandkarte hilft dir, Schnittstellen zu erkennen und Prozesse in deren Zusammenspiel zu verstehen.
- Die Prozesslandkarte zeigt dir den Weg in die Prozessoptimierung. Nachdem du die Prozesse identifiziert hast, kannst du diese zu Prozessketten zusammensetzen und unternehmensweit optimieren.
- Flache Hierarchien sind durch die Prozesslandkarte möglich. Sie hilft euch, auf Augenhöhe entlang der Prozessketten kompetenzbasiert zusammenzuarbeiten und mehr Selbstorganisation der Mitarbeiter zuzulassen.
- Die Prozesslandkarte ist DAS Instrument, um deine Prozesse schlank digital abzubilden - statt sie ohne Optimierung zu "zementieren".
- Reorganisation auf Basis der Prozesslandkarte wird dich in Richtung Prozessorganisation führen, wie ich in meinem ausführlichen Artikel zum Prozessmanagement hier beschreibe.
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FAQ
Die Prozesslandkarte visualisiert die Ablauforganisation. Die Prozesslandkarte ist die prozessorientierte Sicht auf die Organisation. Sie visualisiert das Zusammenspiel der Management-, Wertschöpfungs- und Supportprozesse und deren Lauf durch die Organisationseinheiten des Unternehmens.
Eine Prozesskette ist die Darstellung des Prozessflusses wie dieser in zeitlicher Abfolge durch die Organisationseinheiten fließt. Diese Darstellung wird auch End-to-End Prozess bezeichnet.
Ein End-to-End Prozess ist die Betrachtung des Prozessflusses, wie dieser in zeitlicher Abfolge durch die Organisationseinheiten fließt. End-to-End Betrachtungen werden meist für wertschöfpende Prozesse vorgenommen, sind jedoch auch für Supportprozesse empfehlenswert.
Die Prozesslandschaft wird durch die Prozesslandkarte visualisiert. Sie ist das Bild der Ablauforganisation und stellt dar, wie die Prozesse laufen und welche Bedeutung sie für das Unternehmen haben.