Kern der Prozessoptimierung: Schnittstellen optimieren und reduzieren

Die Prozesse sind einheitlich und vollständig dokumentiert. Verbesserungen aus der Prozessanalyse sind umgesetzt. Und nun bist Du fertig mit der Prozessoptimierung?


Bitte nicht, denn jetzt beginnt erst der spannende Teil! Die Schnittstellen im Unternehmen sind der Part, wo das größte Potential der Prozessoptimierung liegt.


Schnittstellen, Abteilungen und Schnittstellen

Nachdem Du die Prozesse in jeder Abteilung dokumentiert hast, kannst Du die nächste Entwicklungsstufe der Prozessoptimierung angehen. Schau Dir jetzt genauer das Davor und Danach eines Prozesses an. Dir werden die Staudämme an den Prozessübergängen von Abteilung zu Abteilung auffallen. Wir nennen sie Schnittstellen.


DEFINITION Schnittstelle im Unternehmen

Als Schnittstelle im Unternehmen wird der Übergang von einem Prozess zu einem anderen innerhalb einer Prozesskette bezeichnet.
Schnittstellen entstehen durch den Wechsel der Verantwortung von einer Abteilung zur nächsten.


Schnittstelle Abteilung - in einer Prozesskette

Prozesskette mit Schnittstellen im Unternehmen zwischen den Abteilungen

Prozessoptimierung = Schnittstellen im Unternehmen optimieren

Du beginnst bei Deinen Prozessbeschreibungen.

Geht aus diesen der Input hervor? Also von welcher Abteilung die Informationen oder Dokumente stammen, die einen Prozess anstoßen?

Ist ersichtlich, an welche Abteilung der Output - also das Ergebnis des Prozesses - weitergegeben wird? 

Falls nicht, solltest Du die Prozessaufnahme wiederholen. Hilfreich, um Schnittstellen im Unternehmen zu erkennen, ist ein Prozessmodell. Damit gelingt es Dir leichter, Schnittstellen in der Organisation zu finden.


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Wenn Du die Schnittstellen ermittelt hast, gilt es die Anforderungen der anderen Abteilungen besser kennenzulernen.

Konzentriere Dich zunächst auf den Prozessfluss von Abteilung zur Abteilung innerhalb Deines Bereiches. Lass die Schnittstellen zu anderen Bereichen wie Verkauf, Produktion, Einkauf, Auslieferung usw. zunächst außen vor.


Abteilung Schnittstellen in einem Bereich reduzieren

Schauen Sie sich zuerst die Schnittstellen im Unternehmen  innerhalb eines Bereiches an

Um die Anforderungen der anderen Abteilungen Deines Bereiches besser kennenzulernen, nutzt Du am besten Workshops.

Voraussetzung für das Gelingen ist die aktive Teilnahme der Führungskräfte an den Workshops. Und zwar sowohl des Bereichsleiters als auch der Führungskräfte der Abteilungen. Ohne sie und deren wahrhaftiger Unterstützung des Vorhabens wird der Workshop eine nette Gesprächsrunde bleiben.

Im Workshop stellst Du den Kolleginnen und Kollegen der anderen Abteilungen Deine Prozesse vor. Frag nach deren Wünschen zu ihrem Ablauf und Output. Nutze den Workshop dazu, um den Ablauf der anderen Abteilung kennenzulernen und Deine Wünsche zum Ausdruck zu bringen.

Nimm Dir Zeit, um Euch miteinander auszutauschen. Du solltest verstehen, warum die andere Abteilung etwas wünscht, und gemeinsam überlegen, wie dem Wunsch bestmöglich im Sinne des Gesamtunternehmens entsprochen werden kann.


Praxisbeispiel

In diesen Workshops habe ich oft erlebt, dass die eine Abteilung eine Excelzusammenstellung für eine andere macht, die diese wiederum unbeachtet zur Seite legt.

Über die Jahre wurden Vorgänge beibehalten, die durch andere Abläufe oder IT-Tools gar nicht mehr notwendig waren. Anderseits fehlten der einen Abteilung Informationen zum Beispiel zu Kunden, die die andere Abteilung mühsam selbst ermittelte.

Finde heraus, was die andere Abteilung braucht, und sage klar, was Du brauchst!

Beende die Workshops mit konkreten Vereinbarungen, die zu einer Verbesserung der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit führen. Pflege diese in Deine Prozessbeschreibungen ein, so dass diese immer auf dem aktuellen Stand sind!

Du hast nun den ersten Schritt zur abteilungsübergreifenden Prozessoptimierung geschafft: die saubere Gestaltung der Schnittstellen und Reduzierung von Barrieren im Prozessfluss. 


Du wirst feststellen: 

Die enorme Anzahl der an einem Vorgang involvierten Personen verursacht einen hohen Koordinationsaufwand.

Es drängt sich die Frage auf:

Geht das nicht einfacher?

Ja, das geht.

Das geht, indem Du die Nahtstellen nicht nur sauber gestaltest, sondern reduzierst.


Wann und wie erstellt man eine Prozesslandkarte?

Schnittstellen im Unternehmen abbauen

Du baust Komplexität ab, indem Du die Anzahl der Schnittstellen reduzierst. Das machst Du, in dem Du die Anzahl der involvierten Abteilungen innerhalb einer Prozesskette verringerst.

Dann wird es einfacher, weil:

  • Du weniger Abstimmungsaufwand hast
  • weniger Fehler gemacht werden
  • Du durch Kenntnis der Zusammenhänge bessere Entscheidungen triffst
  • Du Deinen Kundinnen und Kunden direkter helfen kannst.

Erinnere Dich nur einmal an Deinen letzten Fall, wo Du Service brauchtest.


Praxisbeispiel

Ich musste neulich privat einen Versicherungsfall abwickeln. Ich hatte JEDES Mal einen anderen Bearbeiter am Telefon... und dadurch dauerte es über vier Wochen, ehe der Fall abgeschlossen werden konnte. Du kannst Dir vorstellen, wie genervt ich war!

Ok, die Lösung besteht nicht darin, dass eine Person alles macht. Aber eben auch nicht darin, möglichst viele Personen und Abteilungen an einem Vorgang zu beteiligen.


Welche Schnittstellen können reduziert werden?

Hinweise darauf hast Du in den abteilungsübergreifenden Workshops erhalten. Indizien für Handlungsbedarfe sind:

  • Vorgänge, bei denen es oft hakt
  • Vorgänge, bei denen vermehrt Fehler gemacht werden oder
  • bei denen es lange dauert
  • oder die Kundinnen und Kunden oft ungehalten sind (schönen Gruß an meine Versicherung 😉)

Zugegebenermaßen sind die Ansatzpunkte schwierig für jemanden zu erkennen, der tagtäglich in den Prozessen arbeitet. Außenstehende, die die Vorgänge nicht kennen, sehen am ehesten, wo es hakt. Eine betriebsfremde Person kann die Prozesse neutraler und sachlicher betrachten und besser Veränderungsvorschläge machen als die, die auch zukünftig täglich zusammenarbeiten müssen.

An dieser Stelle ist eine externe Unterstützung sehr wertvoll. Wenn Du nicht auf externe Unterstützung zurückgreifen kannst, dann hole Dir interne Unterstützung. Vielleicht jemand aus dem QM oder einem anderen Bereich?


Zunächst Schnittstellen bereichsintern abbauen

Beginne erst einmal damit, die Schnittstellen von Abteilung zu Abteilung innerhalb Deines Bereiches zu reduzieren.

Wie können Schnittstellen reduziert werden?

Zur Veranschaulichung ein kleines Beispiel aus meiner Beratungspraxis, indem ich die hier dargestellte Methode zur Prozessoptimierung angewandt habe.


Praxisbeispiel

Mein Klient war eine Holding, und die Prozessoptimierung bezog sich auf den Bereich Abrechnung:

Neuverträge werden in der Abteilung A bearbeitet, Vertragsänderungen in der Abteilung B und die Abrechnung von Verträgen in der Abteilung C. Hier war meine Empfehlung, die Abteilung A und B zusammenzulegen.

Die Prozessabläufe für Neuverträge und Vertragsänderungen sind sehr ähnlich. Es gab häufiger Wechsel von Kunden zwischen Neuverträgen und Vertragsänderungen. Einen sachlichen Grund, die Bearbeitung auf zwei Abteilungen zu verteilen, gab es nicht. Diese Abteilungen waren aufgrund persönlicher Animositäten und Eitelkeiten entstanden, die weit in der Vergangenheit zurücklagen…

Also schau Dir die internen Schnittstellen an.

Mach Dir zunächst selbst ein Bild bzw. lass die von Dir hinzugezogene fremde Person einen Vorschlag machen. Überlege: Wie läuft der Prozess? Was gehört zusammen?

Bringe die Mitarbeitenden der Abteilungen in Workshops wieder zusammen und sprich mit ihnen, welche Schnittstellen abgebaut werden können.

Wenn Deine Mitarbeitenden genug Sicherheit haben, dass sich dadurch ihre Arbeitsbedingungen nicht verschlechtern oder sie ihren Arbeitsplatz verlieren, wirst Du mit ihnen sehr gute Ergebnisse erzielen.

Im geschilderten Fall wurden beide Abteilungen, die vorher auf unterschiedlichen Etagen untergebracht waren, nun in Zimmern nebeneinander untergebracht. Im Organigramm wurden zwei Abteilungen zu einer verschmolzen. Die Prozessbeschreibungen wurden überarbeitet und an das neue Prozessdesign angepasst.

Die Mitarbeitenden haben sich gegenseitig eingearbeitet. Sie waren innerhalb kurzer Zeit zufriedener, weil die Arbeit abwechslungsreicher geworden war und sie den Kundinnen und Kunden schneller helfen konnten.


Schnittstellen reduzieren vorher - nachher

Schnittstellen bereichsübergreifend reduzieren

Können Schnittstellen zwischen den Bereichen reduziert werden?

Ja, können sie.

Und ja – sie sollten reduziert werden.

Das ist jedoch keine leichte Aufgabe.

Aber das ist der nächste superwichtige Schritt in Richtung Prozessoptimierung. Es ist der vorläufig letzte Schritt in der Methode zur Prozessoptimierung – bevor Du Dein Unternehmen durch Prozesstransformation auf ein höheres Qualitätsniveau des Prozessmanagements bringst.

Damit dies gelingen kann, solltet Du eine aussagekräftige Prozesslandkarte erstellen. Eine Prozesslandkarte, die die einzelnen Wertschöpfungsprozesse konkret identifiziert und die beteiligten Prozesse benennt.

Nachdem Du Deine Prozesse abteilungsintern standardisiert hast, gilt es, die Prozesse aus einer höheren Ebene zu betrachten. Du trittst aus der Abteilungsbetrachtung heraus und schaust Dir den Fluss der Prozesse durch die Abteilungen an - die Prozesskette an.

FAZIT - Schnittstellen optimieren ist Kern der Prozessoptimierung

Kern der Prozessoptimierung ist die Vereinfachung des Prozessflusses. Dazu müssen die Schnittstellen im Unternehmen optimiert und reduziert werden. 

Je weniger Schnittstellen diese Prozesskette überwinden muss, desto besser kann sie durchlaufen. Deshalb verbesserst Du den Prozessfluss, indem Du die Schnittstellen von Abteilung zu Abteilung verbesserst. Danach kannst Du mit den Mitarbeitenden zusammen Schnittstellen abbauen.

Unterbrechungen im Prozessfluss - also Abteilungen - sind notwendig, wenn sehr spezialisierte Arbeit effizient erbracht werden muss.

Sonst nicht.

Das gilt es zu erkennen und die viel zu zerstückelten Prozessketten wieder zusammenzusetzen.

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