Flussdiagramm erstellen – mit BPMN oder EPK?

Du willst eine Prozessbeschreibung mit Flussdiagramm erstellen, um Eure Prozesse zu visualisieren.

Du fragst Dich: Wie stellen wir unsere Prozesse am besten dar?

Sollen wir BPMN oder EPK anwenden?

In diesem Artikel stelle ich Dir die Modellierungssprachen BPMN und EPK im Vergleich vor. Ich zeige Dir Vor- und Nachteile dieser Notationen, gebe Dir Empfehlungen für die Auswahl und erläutere, was für einen guten Einstieg in die Prozessoptimierung wichtig ist.

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Was ist ein Flussdiagramm/ Flowchart

Ein Flussdiagramm - auch oft als Flowchart bezeichnet - wird zur schematischen Darstellung von Abläufen bzw. zur Abbildung von Prozessen eingesetzt, wenn Du ein Prozessmanagement einführst.

Heute haben sich grafische Methoden zur Prozessmodellierung durchgesetzt. Wurden in den 1990-iger Jahren noch Abläufe in langen Texten beschrieben, so sehe ich heute meist Flussdiagramme. Mit ihnen ist auf einen Blick erkennbar, „wie es läuft“.

Zwei Notationen - auch Modellierungssprachen genannt – sind besonders verbreitet: BPMN und EPK.


BPMN - Business Process Model and Notation

Was bedeutet BPMN?

BPMN steht für Business Process Model and Notation.

Diese Form der Darstellung von Abläufen wurde von der Object Management Group (OMG) entwickelt. Diese Group entwirft Standards für herstellerunabhängige systemübergreifende Programmierung. Mitglieder sind unter anderem IBM, Apple und Microsoft.

BPMN wurde mit dem Ziel entwickelt, die Flowcharts ausführbar zu machen, also automatisch ablaufen zu lassen.

Die Idee hinter BPMN: den Prozess direkt nach dem Modellieren eigenständig laufen zu lassen. Vorausschauend wollte man damit den nochmaligen Modellierungsaufwand für das Automatisieren sparen.

Diese Idee ist brillant.

Doch in der Praxis hat sich das nicht durchgesetzt.

Der Grund ist simpel:

Viele Firmen sind heute dabei, ihre Prozesse abzubilden und zu verstehen.  Sie sind noch nicht soweit, ihre Prozesse im großen Stil automatisch laufen zu lassen.

Wie funktioniert BPMN

BPMN folgt dem Gedankengut von Mike Hammer, dem Urvater des Prozessmanagements. In seinem bekannten Werk ‚Business Reengineering‘ stellt er einen Prozess als abteilungsübergreifende Betrachtung dar.

Beginnend von der Kund:innenanforderung über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg wird die Bearbeitung bis hin zum erfüllten Kund:innenwunsch End-to-End betrachtet. Der unternehmensübergreifende Prozess kann in einem Flussdiagramm abgebildet werden.

ein unternehmensübergreifender Prozess durchläuft mehrere Prozesse in verschiedenen Abteilungen

BPMN Symbole

BPMN bildet die Prozessschritte in Swimlanes von links nach rechts ab. Jede dieser Bahnen steht für einen Verantwortungsbereich/ Abteilung.

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Die Prozessschritte werden Tasks genannt, die durch Konnektoren miteinander verbunden werden. In Gateways werden Entscheidungen dargestellt, die zu unterschiedlichen Abarbeitungen führen. Start- und Endereignisse machen den Input und Output von Prozessen deutlich.

häufig verwendete BPMN Symbole für Prozessbeschreibungen mit Flow Chart

häufig verwendete BPMN Symbole

Das sind die BPMN Symbole - auch Shapes genannt - die im Allgemeinen für eine Prozessbeschreibung mit Flowchart benutzt werden.

Darüber hinaus gibt es jedoch noch viele spezifische Symbole, die für die Automatisierung mittels Workflows notwendig sind. Diese sind auf diesem BPMN Poster dargestellt.  

Beispiel für ein Flussdiagramm mit BPMN

Vorteile und Nachteile von BPMN Flussdiagrammen

BPMN 2.0 bietet eine enge methodische Anleitung für die Prozessdarstellung. Das macht die Prozessmodellierung einfach. Unterschiedliche Handschriften, die die Prozessdarstellungen schwer vergleichbar machen, werden vermieden.

Die Stärke von BPMN 2.0 ist der Ansatz von Mike Hammer: die Darstellung, wie ein Prozess von Abteilung zu Abteilung durch das Unternehmen fließt.

In der Praxis gelingt dieser große Wurf jedoch nicht.

Die Prozesse werden als Abläufe in den Abteilungen wahrgenommen. Bei der Prozessaufnahme entsteht ein Flussdiagramm, das den abteilungsinternen Ablauf visualisiert. Der Prozess wird hauptsächlich in einer Lane abgebildet, da er abteilungszentriert den Ablauf abbildet. Dadurch wird die Stärke von BPMN nicht genutzt.

Und wenn sie genutzt wird, dann gibt es sehr viele Shapes. Manchmal sogar lange Prozesstapeten, wie die langen Papierrollen genannt werden.

BPMN Flowcharts sind meist unübersichtlich. Man sieht sprichwörtlich den Prozess vor lauter Kästchen nicht mehr.

Einfacher ist es, die einzelnen Prozesse zu Prozessketten zusammen zu setzen und diese später zu einer Prozesslandkarte zu verdichten.

EPK - Ereignisgesteuerte ProzessKette

Was bedeutet EPK

EPK steht für Ereignisgesteuerte ProzessKette (bzw. engl. EPC für Event-driven Process Chain).

EPK wurde zur Modellierung von Geschäftsprozessen aus Organisations- und IT-Sicht unter Leitung von August-Wilhelm Scheer entwickelt. EPK ist Kern des bekannten SAP Modellierungstools ARIS. Diese Abkürzung steht für Architektur integrierter Informationssysteme und entstammt der Bedingungs-Ereignisnetze aus der Petri-Netz-Theorie.

Wie funktioniert EPK?

EPK bilden die Prozessschritte entlang einer Mittellinie auf dem Blatt von oben nach unten ab.

Jedem Ereignis folgt eine Funktion, wie die Prozessschritte hier genannt werden. Die Shapes werden durch Linien miteinander verbunden. In Rauten Shapes werden Entscheidungen aufgezeigt, die zu unterschiedlichen Abarbeitungswegen führen.

Was in der EPK fehlt, sind u.a. die Benennung von Zuständigkeit und Dokumenten.

EPK Shapes

Ereignis gesteuerte Prozesskette - Symbole

eEPK Symbole

In der erweiterten EKP gibt dafür entsprechende Shapes:

erweiterte Ereignis gesteuerte Prozesskette - Zeichen

Entscheidend für die Prozessanalyse ist die Visualisierung von Zuständigkeiten. Weil jedoch diese Aussage in der EPK zu kurz kommt, hat man EPK mit einem weiteren Instrument kombiniert.

RACI, DEMI und EPK Flowchart

Man verband für die Prozessmodellierung im Rahmen der Einführung von Qualitätsmanagement häufig eine EPK Darstellung mit dem RACI Modell.

Durch das RACI Modell oder auf Deutsch DEMI werden Verantwortlichkeiten abgebildet.

  • RACI steht für Responsible, Accountable, Consulted und Informed.
  • DEMI für Durchführungsverantwortung, Ergebnisverantwortung, Mitarbeit und Information.

In der Praxis wurde das EPK Modell auf weniger Kästchen reduziert. Ereignisse werden nur als auslösendes Element verwendet und nicht als logische Ergebnisse von Tätigkeiten nochmals benannt. So wurde aus dem EPK-Modell ein praxistaugliches Instrument und fand weite Verbreitung.

Beispiel für ein Flussdiagramm mit EPK

Die Verfahrensanweisungen, wie die Prozessbeschreibungen bis zur ISO 9001:2000 benannt wurden, sahen dann meist so wie in diesem Beispiel für ein Flussdiagramm mit EPK aus:

EPK mit  RACI Verantwortungsmatrix

Die fehlende Zuständigkeit wurde häufig mit einer beigefügten DEMI-Tabelle gelöst

Das RACI bzw. DEMI Modell hat die wichtige Komponente der Zuständigkeit in die EPK gebracht, jedoch ein weiteres Problem provoziert:

Das RACI bzw. DEMI Modell verleitet dazu, in einer Prozessmodellierung zwischen der Sicht von Mitarbeitendem und Vorgesetzter/m hin und her zu springen. Man möchte ein Flussdiagramm erstellen, das die Durchführungsverantwortung darstellt und gleichzeitig die Ergebnisverantwortung deutlich macht.

Das verwirrt.

Mein Tipp

Verzichte auf die RACI Darstellung. Bilde in der Prozessbeschreibung nur die Durchführungsverantwortung ab. Den Ausweis der Ergebnisverantwortung überlässt Du dem Organigramm.

Vorteile und Nachteile von EPK Flussdiagrammen

Auch die EPK bietet den Vorteil einer klaren, verständlichen Ausführung der Modellierungen.

Die nicht zuordenbare Verantwortung für den Prozessschritt ist der große Nachteil des Standardmodells. Dies wurde erkannt und in dem Modell der erweiterten EPK eingepflegt.

Diese Lösung ist jedoch suboptimal, denn sie beraubt der EPK seiner Stärke: der Übersichtlichkeit.

Auswahlkriterien für BPMN oder EPK

Solltest Du Dich für BPMN oder für EPK entscheiden?

Das ist eine Geschmacksfrage. Findest Du die Darstellung eines Flussdiagramms, das von oben nach unten verläuft, besser als eines, das von rechts nach links geht?

Findest Du die Darstellung der Verantwortlichkeiten in Swimlanes besser als die Benennung im Prozessschritt?

Oder gefällt Dir ganz einfach ein Programm sehr gut, und Du folgst dessen Modellierungsnotation?

Mein Tipp

Die Entscheidung für BPMN oder EPK ist nicht so wichtig. Viel entscheidender ist, WIE Du die Prozessbeschreibung gestaltest.

Muss man sich an eine Notation wie BPMN oder EPK halten?

Nein, muss man nicht.

Du kannst auch das Beste aus beiden Modellierungssprachen miteinander kombinieren. Wichtig, wenn Du ein Flussdiagramm erstellst, ist nur, dass Du in jeder Prozessbeschreibung die gleichen Symbole verwendest.

Um das zu erreichen, erstellst Du eine Mustervorlage, an die sich alle modellierenden Personen halten müssen. Beschränke auch die Anzahl modellierender Personen, denn nur so sind Darstellungsvarianten gut zu vermeiden.

Warum verwenden die meisten BPM Toolhersteller BPMN?

Viele Herstellende von Tools zur Prozessdarstellung haben sich für den BPMN Standard entschieden. Ich denke, dass es an diesen beiden Punkten liegt:

1. Die nordamerikanischen Herstellenden haben wirklich gutes, kraftvolles Marketing für ihre Notation gemacht. Irgendwann ist der Effekt eingetreten, dass sich fast alle für BPMN entschieden haben.

2. Die Macher:innen von BPM-Tools sind in erster Linie IT Architekt:innen. Sie möchten die Prozesse schnell lauffähig bekommen, das ist der Sinn von IT Tools. Die BPM Toolherstellenden sind nicht die vielbeschäftigten Prozessmodellierenden, die mit der Facette von  Problemen bei der Einführung von Prozessmanagement in der Praxis tiefgreifend vertraut sind.

Muss ein BPM Tool für die Prozessmodellierung mit Flussdiagramm angeschafft werden?

Nein, muss es nicht - wenn Ihr ein kleines oder mittelständisches Unternehmen mit weniger als 30 Prozessbeschreibungen seid. Du kannst Dein Chart in Word, Excel oder Visio erstellen. Oder Du nutzt Onlineservices. Hier stelle ich Dir 3 preiswerte Tools für die Prozessdarstellung vor.

Wenn Du deutlich mehr als 30 Prozessdarstellungen hast, wird die manuelle Verwaltung zu aufwändig. Dann lohnt sich der Aufwand, ein geeignetes BPM-Tool zu suchen und sich in das Programm einzuarbeiten.

Die datenbankgestützte Verwaltung von Daten wie Abteilungen, IT-Tools und Dokumente sowie die Versionierung hilft, die Prozessbeschreibungen einheitlich mit Flussdiagramm erstellen und langfristig aktuell zu halten.


Wir haben uns nun intensiv damit beschäftigt, ob Du BPMN oder EPK verwendest, um eine Prozessbeschreibung mit Flussdiagramm zu erstellen. Lass uns nun diese Frage in einem größeren Kontext betrachten. Dein Ziel ist wahrscheinlich, schnell in die Prozessoptimierung zu kommen.

Die Prozessanalyse ist der Einstieg in die Prozessoptimierung

Die Prozessanalyse durchläuft 4 Phasen:

  1. Prozesse identifizieren
  2. Prozesse aufnehmen
  3. Prozesse einheitlich, vollständig und korrekt darstellen
  4. Prozesse bewerten.

In der dritten Phase setzt Du Dich soweit mit Euren Prozessen auseinander, dass Du erste Optimierungspotentiale erkennst.

Es dauert jedoch, bis Du dahin kommst.

Manchmal viel zu lange.

Einer der häufigsten Fehler bei der Einführung von Prozessmanagement ist die zu frühzeitige Toolauswahl.

Mein Tipp

Konzentriere Dich zum Beginn des Prozessmanagement Projektes auf die Identifikation und skizzenhafte Aufnahme der groben Prozessschritte. Nachdem Du ein Bild hast, wie viele Prozesse Ihr habt und wie komplex diese sind, kannst Du Dich viel besser für ein Tool entscheiden. Du weißt, was Du brauchst – und was nicht. 

Wenn Du dann die Prozesse in dem gewählten Tool abbildest, kannst Du die Bearbeitung darauf konzentrieren, diese einheitlich, vollständig und korrekt darzustellen. Das bringt Dich in die erste Stufe der Prozessoptimierung.

Flussdiagramm erstellen - meine Empfehlung

Ob Dir die Prozessoptimierung gelingt, liegt nicht an dem verwendeten Tool.

Es liegt zum Beginn von Prozessmanagement Projekten daran, ob es gelingt, eine Prozessdarstellung mit einem hohen Erkenntniswert zu erstellen.  Beachte dies, wenn Du Prozessbeschreibungen mit Flussdiagramm erstellst:

  1. Fokussiere Dich auf eine verständliche Darstellung.
  2. Beschränke Dich auf wenige Symbole. Du musst nicht alle Möglichkeiten zur Prozessdarstellung der Notation ausschöpfen.
  3. Mach ein Template, eine Mustervorlage, wie Du die Modellierungssprache bei der Prozessdarstellung anwendest.
  4. Benutze nur eine Modellierungssprache bzw. ein Tool im gesamten Unternehmen.
  5. Verwende ein Flussdiagramm, um den groben Prozessfluss in einer Prozessbeschreibung darzustellen. Details bildest Du nicht im Flowchart ab!