Agiles Arbeiten: Wie wir das Organigramm abgeschafft haben – Teil 1
Ich sitze vor einem Organigramm.
Hier eine Verästelung mit 3 Abzweigen.
Dort nochmal 2 und dort 4. Das sieht aus wie Wurzelknäuel!
Angestrengt versuche ich herauszufinden, wer - was - macht.
Das ist nicht die Firma, die ich kenne!!! Das ist eine Abbildung, die nichts mit der Realität zu tun hat.
Dies ist der erste Teil einer Artikelserie. Ich beschreibe Ihnen, wie ich in einem Unternehmen das Organigramm abgeschafft habe und welche Alternative wir gefunden haben. Folgen Sie meinen Ausführungen und sehen Sie wie ohne Organigramm agiles Arbeiten ermöglicht wurde.
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Ich kannte die Firma schon lange.
Doch eine Weile haben wir nicht zusammengearbeitet.
Sollte sich die Firma in der Zwischenzeit so verändert haben? Sie ist ja beträchtlich gewachsen…
Dennoch zweifelte ich daran, dass dieses Organigramm die Zusammenarbeit und Kultur des Unternehmens zeigt. Ok, das Unternehmen ist kein Start-up das direkt agiles Arbeiten umsetzt. Aber ganz so formell kann es doch wirklich nicht sein?!
Das interne Audit bestätigte meinen Zweifel: die Zusammenarbeit war immer noch sehr teamorientiert.
Dieses verästelte Organigramm ist nicht das Abbild dieses Unternehmens.
Warum also weiter dieses verschachtelte Organigramm führen?
Und warum brauchen wir überhaupt noch ein Organigramm?
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Zuordnung von Aufgabenbereichen
Wir müssen wissen: wer - was - macht.
Und das steht im Organigramm.
Jedoch eine einfache Auflistung tut es auch:
Diese Aufgabenübersicht ist nur eine grobe Information.
So ungefähr als wenn Sie nach einem Weg fragen und der andere Ihnen nur antwortet: Gehen Sie nach Süden. Um anzukommen, werden Sie sich immer weiter bis zu Ihrem genauen Ziel durchfragen müssen.
So auch im Unternehmen: Wir müssen detaillierter wissen, wer was macht. Noch detaillierter, als es bisher im Organigramm ausgewiesen war. Beispielsweise wer im Innendienst - welches PLZ-Gebiet betreut.
Das ist geregelt und steht im: Katalog.
Ja richtig – im Produktkatalog für Kunden?!
Wollte ein Mitarbeiter der Produktion oder ein Außendienstler wissen, an wen er sich wenden muss – schaute er in den Katalog.
Diese Aufgabenzuordnungen haben wir in die Liste übertragen, wo wir zukünftig nachschauen wollen:
Das war jedoch noch nicht alles.
Es gibt noch weitere Aufgaben, die der Innendienst erledigt:
- Mails von der Info@ - Adresse an den richtigen Ansprechpartner weiterleiten
- Verteilung Eingangspost
- Hosting: Räume und Catering für hausinterne Schulungen und Besprechungen vor- und nachbereiten
Nachzulesen auf einem Blatt - in der Schublade einer Mitarbeiterin…
Denn diese Aufgaben haben sich die Mitarbeiterinnen eigenständig untereinander aufgeteilt. Diese Infos wurden als nicht so interessant für die Kollegen anderer Abteilungen angesehen.
Eine Fehleinschätzung: diese Information sollte allen bekannt sein.
So haben wir diese Tätigkeiten auch in die Liste aufgenommen:
Nun sind ALLE Aufgaben für alle direkt nachvollziehbar.
Die MitarbeiterInnen des Bereiches waren happy.
Es wurde sichtbar, was sie alles bearbeiteten.
Die MitarbeiterInnen anderer Bereiche waren ebenso angetan:
Es war kein durchfragen à la ‚Wer macht denn das?‘ mehr.
Die Aufgaben aller Bereiche sind nun in solchen Listen transparent dargestellt.
Jedoch ist das Organigramm für uns nicht nur eine Übersicht der Aufgabenbereiche.
Es ist vor allem ein Ordnungssystem:
Es regelt, wer was darf und wer darüber bestimmt.
Ordnungssystem der Zusammenarbeit
Um die Zusammenarbeit zu regeln, bedarf es Abteilungen.
Diese Abteilungen müssen einen Abteilungsleiter haben.
Dieser Abteilungsleiter muss den Mitarbeitern Anweisungen erteilen, was sie zu erledigen haben und wie sie zu arbeiten haben.
Ja, wirklich?
Also auf dem Blatt Papier mit der Überschrift Organigramm stand dies so abgebildet. Doch in der Praxis lief es in diesem Unternehmen anders.
Die Abbildung auf dem Papier spiegelt nicht den tatsächlichen Zustand wider. Es war eher eine Darstellung, wie man das halt so macht.
Das war aber nicht richtig für dieses Unternehmen.
In dieser Firma sind drei Geschäftsführer tätig. Einer im kaufmännischen Bereich und zwei im technischen. Sie sind die Hauptanteilseigner des Unternehmens. So bestimmen die Geschäftsführer wesentlich die Geschicke ihrer Firma.
Die Firma startete mit 7 Personen inklusive der mitarbeitenden Geschäftsführer. Nach und nach kamen neue Mitarbeiter hinzu. Jetzt hat das Unternehmen über 50 Mitarbeiter und verkauft seine Produkte weltweit.
Die Stimmung im Unternehmen ist locker und von kameradschaftlichem Umgang geprägt.
Ist hierfür ein Organigramm mit einer Befehlskaskade das richtige Abbild?
Nein! Ganz sicher nicht!
Agiles Arbeiten abbilden
Wie bildet man eine teamorientierte Zusammenarbeit ab?
Auch in einer Liste?
Warum nicht.
Was ist mit den Abteilungsleitern?
Die könnte man auch in der Liste aufführen.
Doch: In einigen Abteilungen waren es die Geschäftsführer, die im Organigramm als Abteilungsleiter zusätzlich aufgeführt wurden. In zwei Bereichen waren es normale MitarbeiterInnen und in einer Abteilung der Koordinator für untergestellte Abteilungen. (Der Anschaulichkeit halber verzichte ich hier auf eine detailliertere Erklärung!)
Der Abteilungsleiter vertritt die Abteilung in den Besprechungen mit anderen Abteilungen.
Er ist Ansprechpartner, wenn über Veränderungen entschieden werden muss.
Aber er sagt den Kollegen nicht täglich, WAS sie zu tun haben.
Und erst recht nicht, konkret WIE sie es zu tun haben.
Brauchen wir einen Abteilungsleiter?
Nein.
Die MitarbeiterInnen arbeiten im Team.
Und die Teams arbeiten zusammen.
Wir brauchen keinen Abteilungsleiter, der anweist, was die Kollegen zu tun haben und wie sie es zu tun haben!
Wer regelt denn das Organisatorische?
Dafür ist ein Ansprechpartner notwendig.
Was bekommt der für eine Bezeichnung?
Wie wäre es mit: Teamorganisator?
Gut. Teamorganisator.
Was hat der Teamorganisator zu tun?
Wenn es was zu verbessern gibt, dann besprechen es die MitarbeiterInnen erstmal untereinander. Es ist hilfreich, wenn der Teamorganisator erster Ansprechpartner im Team für diese Verbesserungsvorschläge ist. Er kann das Gespräch konstruktiv moderieren, so dass ein konkreter Lösungsvorschlag für die gewünschte Veränderung gemeinschaftlich ausgearbeitet wird.
Diesen Lösungsvorschlag stimmt er mit dem kaufmännischen Geschäftsführer ab. Der Kaufmännische hat den Überblick über das gesamte Unternehmen und die Zusammenarbeit der Teams. Er kann entscheiden, ob es weitere Gespräche unter den Teamorganisatoren geben muss.
Deshalb sieht unsere Verantwortungszuordnung für den Bereich nun so aus:
Das Organigramm wurde durch eine Aufgabenübersicht ersetzt
Ich höre Ihr „Aber ...“
Irgendwer muss doch entscheiden und die Verantwortung tragen.
Welche Lösung wir hierfür erarbeitet haben, das schildere ich Ihnen im Teil 2 der Serie „Agiles Arbeiten: Wie wir das Organigramm abgeschafft haben“.
In diesem ersten Teil habe ich geschildert, warum wir auf das Organigramm verzichten können und wollen. Und wie die wichtigen Aussagen des Organigramms ‚Wer macht was?‘ in eine andere Form gebracht und präziser dargestellt wurden.
Diese neue Darstellungsform der Aufgabenteilung hat die MitarbeiterInnen von einem Dogma befreit. Sie hat agiles Arbeiten möglich gemacht, durch eine neue Form der Zusammenarbeit!