Autorin Simone Glitsch, 04.11.2025

Prozesslandkarte – dafür brauchst Du sie

Ohne eine aussagekräftige Prozesslandkarte ist es schwer, musste ich in meinen letzten Gesprächen zum Check der Prozessdokumentation feststellen. In diesen Checks schaue ich mir die Prozessdokumentation des Unternehmens an und gebe Tipps, wie sie zu verbessern ist.

In diesem Artikel möchte ich Dir anhand von Fallbeispielen zeigen, warum die Prozesslandkarte ein fast universelles Lösungsinstrument bei allen Fragen rund um Prozesse ist.  

Fall 1:  Einführung eines neuen ERP-Systems  

Christina starrte verzweifelt auf die Prozessdiagramme. Überall Kästchen, Dokumente, Informationspfade – aber wo war der rote Faden?

Ihr neuer Job: Das ERP-System vorbereiten, Prozesse aktualisieren. Im Vorstellungsgespräch hörte sich alles ganz gut an. Es gab schon ein modernes BPM-Tool, und darin waren über 200 Prozesse modelliert. Sie sollte nun auf dieser Basis die relevanten Prozesse für die Einführung des ERP-Systems identifizieren und aktualisieren.

Doch das, was Christina nun im BPM-Tool wirklich sah, war ein säuberlich beschriftetes Chaos aus Prozessdiagrammen. Manche detailliert bis zum letzten Klick, andere vage wie Wolken. Drei Wochen kämpfte sie sich durch – ohne eine Ordnung herstellen zu können.  


Dann sah sie meinen LinkedIn-Post mit dem Angebot eines "Prozess-Minichecks" und entschloss sich, das mal zu probieren. So saßen wir in einem Online-Meeting zusammen, und ich sagte zu Christina: "Mit dem Giersberg®-Prozessmodell prüfen wir zuerst die Basics."

Mit diesem Modell sah Christina es deutlich: Die Detaillierungsgrade passten nicht! Manche Prozesse waren viel zu fein, andere zu grob geschnitten. "Das hätte ich nie erkannt!", staunte sie.

An dieser Stelle muss ich immer schmunzeln, denn das ist erst der Anfang. Oft sage ich dann: "Unterschiedliche Details sind das eine Problem".  


Christina buchte ein paar Online-Meetings, und die Prozessdarstellung wurde immer klarer. Doch ein Problem ließ sich nicht lösen: „Wohin mit diesem Prozess hier?“ fragte Christina zum wiederholten Male. „Hier passt er nicht, und das hier macht auch keinen Sinn!“

Dann stellte ich die Frage, die den Durchbruch brachte: "Weißt Du, warum es diese Prozesse gibt?" Christina schüttelte den Kopf.

„Dann lass uns mal die wertschöpfende Prozessketten betrachten und das herausfinden.“ sagte ich. Auf einmal machte es Klick, und Christina sah, dass ihr das Bild des großen Ganzen fehlte. 

Mit diesem Bild fügten sich die Prozesse wie Motive in einem Puzzle logisch zusammen. Das ursprüngliche Problem des nicht passenden Prozesses war schnell erkannt. Christina hatte ihn an der falschen Stelle eingefügt. Mit dem Blick für das große Bild wurde jedoch klar, der Prozess findet zwar im gleichen Bereich statt – ist jedoch ein supportender und kein wertschöpfender Prozess.


Auf einmal ergab auch mein Vorschlag für sie Sinn, die Prozesslandkarte anzugehen. Sie erkannte, dass eine auf dem Giersberg®-Prozesslandkartenmodell aufgebaute Übersicht mehr Substanz haben würde als die Prozesslandkarten, die sie bisher gesehen hatte. 

Kern der Giersberg®-Prozesslandkarte sind die wertschöpfenden Prozessketten. Also die nach dem zeitlich-logischen Verlauf geordneten Prozesse mit dem Blick auf ein verkaufbares Produkt bzw. verkaufbare Dienstleistung des Unternehmens.


"Mit dem Giersberg®-Modell habe ich erkannt, wo die Prozesse sind.", reflektierte sie später. "Erst mit der Giersberg®-Prozesslandkarte jedoch habe ich das Gesamtbild gesehen."


Sechs Wochen später konnte das ERP-Projekt starten. Dem IT-Beratungshaus konnte innerhalb eines halben Tages gezeigt werden, wie die Prozesse laufen und wie sie in Prozessketten zusammenhängen. Der in der IT abzubildende Order-to-Cash End-to-End Prozess war schnell identifiziert. 


Fall 2: Wegweiser aus dem Dokumenten-Dickicht

Michael fasste sich an den Kragen seines Pullis und versuchte sich Luft zu verschaffen. Als QM-Beauftragter verwaltete er ein Dokumenten-Imperium mit einer ausgeklügelten Excel-Tabelle.

Sein Arbeitgeber, ein mittelständischer Hersteller mit 300 Mitarbeitenden, war nach ISO 9001, ISO 27001 und drei weiteren Zertifizierungen zertifiziert. Da kamen schnell über 400 Dateien zusammen.  

Bis zu diesem einen Audit. Ein Auditor ging in die Querverweise und fand eine falsche Verlinkung, dann noch eine auf ein nicht vorhandenes Dokument und dann noch eine auf eine veraltete Version. Ein Systemfehler! Das zog eine kritische Abweichung nach sich – und viel Aufmerksamkeit des alarmierten Managements.


Bisher hat Michael viel Arbeit in die Verwaltung gesteckt und schon frühzeitig angemahnt, dass die Dokumentenflut nicht allein mit Excel und seinem Fleiß zu lösen sei. Er bekam Nora als Werkstudentin zur Seite gestellt, die ebenso fleißig die Dateien bearbeitete. 

Mit dem durch die kritische Abweichung ausgelösten Handlungsdruck war die Situation eskaliert. Eine andere Lösung musste her, das Management verordnete ein neues Tool zur Lösung des Problems.  


Auf der Suche nach Empfehlungen stolperte Michael über mein gratis Angebot "Prozess-Minicheck" und meldete sich an. 

Michael schilderte mir die Situation und zeigte mir, wie er die 400 Dateien verwaltete und wie sie aufgebaut sind. Er schloss: „Simone, wir brauchen so schnell wie möglich ein geeignetes Tool. Was sagst Du zu Tool A und wie sind Deine Erfahrungen mit Tool B?“


Ich kenne beide Tools, doch bevor ich darauf einging, fragte ich Michael: „Möchtest Du die Ursache des Problems beheben oder möchtest Du die Dokumente nur etwas einfacher verwalten?“  

Das traf den Nerv. Doch Michael hatte sich im Vorfeld schon intensiv in meinem Blog informiert und war vorbereitet. So sagte er: “Nein, ich suche das Gespräch mit dir, Simone, weil ich eine nachhaltige Lösung schaffen will.“

So antwortete ich: „Richtig, Michael, ein gutes datenbankbasiertes Tool wird definitiv bei der Verwaltung helfen und die Versionierung vereinfachen. Doch vorher ist etwas anderes sinnvoll. Lass uns die Prozessarchitektur anschauen. Hier liegt der Hebel zu einer pflegeleichten und für alle verständlichen Prozessdokumentation.“


Wir besprachen zusammen das Giersberg®-Prozessmodell. Es unterscheidet klar zwischen Prozessketten, Prozessen in einem mittleren Detaillierungsgrad und weiterführenden Regelungen wie Checklisten oder kleinteiligen Verpackungsanleitungen.

Michael erkannte, wie hilfreich das System ist, und resümierte: „Bisher habe ich für jede Norm die geforderten Prozessbeschreibungen, manchmal auch sehr kleinteilige Arbeitsanweisungen erstellt.“  

Assistentin Nora ergänzte: „Der Titel der Dokumente lässt eine Unterscheidung des Detaillierungsgrades annehmen, was jedoch in der Praxis so nicht ist. Wir brauchen eine allgemeine Prozessdarstellung mit klarer Struktur, in die wir dann die Normanforderungen hineinbringen.“  


Damit hatten Michael und Nora die Ursache des Problems genau beschrieben. Doch sie waren immer noch ratlos, wie man es löst. Michael hob an: „Simone, und wie fangen wir nun an? Sortieren wir alles nach den Bereichen statt nach der Norm? Oder … ?“  

Ja, Michael, Du vermutest richtig, dass das nicht die Lösung ist. Diese liegt direkt vor unserer Nase, doch ohne den Überblick über das große Ganze können wir sie nicht erkennen. Wir brauchen eine Prozesslandkarte, die Giersberg®-Prozesslandkarte!“ 


Die Giersberg®-Prozesslandkarte funktioniert wie ein Wegweiser: Sie bietet eine generelle Übersicht durch die Formulierung der wertschöpfenden Prozessketten und setzt dann über die richtige Klassifizierung nach dem Giersberg®-Prozessmodell die Dokumente strukturiert zueinander in Beziehung.

In den folgenden 10 Online-Meetings erarbeiteten wir gemeinsam die komplette Prozesslandkarte. Es wurde erkennbar, wie der Vertrieb dem Innendienst und dieser der Produktion im Falle von Produktgruppe A zuarbeitet und wie bei Produktgruppe B. Die in den 400 Dokumenten verborgene Prozessarchitektur wurde Schritt für Schritt sichtbar.


Mit dieser Klarheit nahmen wir die Dokumente auseinander, reduzierten sie auf den wesentlichen Inhalt und ordneten dann das Dokument der jeweils passenden Ebene Prozesskette, Prozess oder weiterführende Regelung zu. So konnte Michael seine Dokumente leicht zueinander in Beziehung setzen. 


Michael und Nora erkannten, was das Tool für einen Leistungsumfang haben sollte. Mit meiner ergänzenden Liste und meinen Erfahrungen in der Anwendung bei meinen Kunden konnte die Toolauswahl schnell abgeschlossen werden.


Michael erkannte: Ein Tool kann nur das Werkzeug sein, um Dokumente besser zu verwalten. Der wahre Hebel liegt im Aufbau der Prozessarchitektur und dem Verstehen des zeitlich-logischen Prozessflusses – der Ablauforganisation, die durch die Giersberg®-Prozesslandkarte sichtbar wird.


Fall 3: Der einzig wahre Weg in die Prozessoptimierung

"Agil, transparent und prozessorientiert – so arbeiten wir ab jetzt!" Der neue Geschäftsführer strahlte Aufbruchstimmung aus. Nach der Übernahme von seinem Vater brachte er frischen Wind ins Familienunternehmen mit knapp 4.000 Mitarbeitenden. Drei Produktionsstandorte in Europa, mehrere Lager – alles sollte optimal vernetzt werden. 

Madleen bekam einen klaren Auftrag: Entwickle eine Toolbox, die den Bereichen hilft, problematische Prozesse zu identifizieren und sie anzuleiten, wie sie diese optimieren. "Wer kennt die Arbeit besser als die, die sie täglich machen?", argumentierte das neue Managementteam. 

Wenige Monate später waren in der Toolbox Vorlagen für Prozessrollen und Anleitungen zur Erstellung von Prozessdiagrammen.

Ein paar nach Wochen nach dem Go-live stellte sich Ernüchterung ein. 

Die Vertriebsabteilung in Hamburg optimierte ihre Auftragsannahme – und verursachte Chaos in der Produktion in Polen. Das Werk in Spanien verbesserte seine Lagerprozesse – prompt beschwerten sich die Logistikpartner über fehlende Informationen. Jede Optimierung in einer Abteilung riss neue Probleme an anderer Stelle auf. 

"Es ist wie Domino", erklärte Madleen dem Managementteam. "Wir stoßen einen Stein um und wissen nicht, welche anderen mitfallen."

Frustriert googelte Madleen nach Alternativen und stolperte über meinen Blogartikel „Prozessmanagement - Methoden, Vorgehensweise und Ziele“. Ihr fiel der Satz auf: „Mit dem Bild der Prozesse – der Prozesslandkarte – können wir das Unternehmen ganz neu ausrichten." Dieser Ansatz erschien interessant, und so nahm sie am Webinar Prozesslandkarte teil.  

Nach 20 Minuten wurde Madleen klar: Sie hatten das Pferd von hinten aufgezäumt. Ohne zu wissen, wie die Prozesse über Abteilungen und Standorte zusammenhängen, produzierten sie nur isolierte Insellösungen.

Es gilt zu verstehen "Wie fließt ein Kundenauftrag durch alle drei Standorte? Welche Abteilungen sind beteiligt? Wo sind die kritischen Schnittstellen?" Es ist absolut notwendig, erst die großen Prozessketten zu verstehen, bevor man ins Detail geht.

Mein Ansatz überzeugte sie direkt. Madleen überzeugte das Management: "Bevor wir die Prozesse mit viel Aufwand dokumentieren, brauchen wir eine Orientierung – eine Prozesslandkarte. Erst mit dieser sehen wir, wo das Potential für Prozessoptimierung steckt. Es liegt nicht darin, dass sich jede Abteilung noch mehr optimiert – sondern darin, dass die Abteilungen sich besser zu arbeiten.“

Das Unternehmen entschloss sich zu einem Neustart. In einem kleinen Team erarbeitete Madleen mit mir in nur 60 Stunden (30 Online-Sitzungen á 2 Stunden) die Prozesslandkarte für die gesamte Unternehmensgruppe. Alle Geschäftsprozesse (s. Definition im Giersberg®-Prozessmodell) wurden identifiziert und in deren zeitlich-logischen Verlauf als Prozesskette sichtbar gemacht.

Erstmalig konnte man sich die Frage beantworten „Wie arbeiten sich die Abteilungen zu und warum?“ Zum ersten Mal wurde damit die Ablauforganisation greifbar.  

Plötzlich war allen klar: Wir müssen uns als großes Ganzes betrachten. Dort, in der Optimierung der Zusammenarbeit mit Blick auf unseren Kunden liegt das Optimierungspotential.


Simone Glitsch

Mentorin für Inhouse Prozess-Projekt-Leitungen

Simone Glitsch, ich bin Expertin für prozessorientierte Unternehmenstransformation.

Früher war ich klassische Beraterin. Doch nach 25 Jahren und über 100 Projekten habe ich beschlossen: Ich mache es anders.
Heute bin ich darauf spezialisiert, Prozess-Projekte für große Unternehmen erfolgreich zu machen.
Statt ‚Versuch und Irrtum‘ führe ich meine Kunden mit meinem Giersberg®-Prozesssystem schnell und mit geringstem Aufwand zum Ergebnis. Ich stehe Dir als Projektleiter:in als Mentorin zur Seite und unterstütze Dich mit einem Train-the-Trainer System.

So wirst Du erfolgreich in Deinem Unternehmen eine prozessorientierte Organisation mit Prozessautomatisierung umsetzen.

Mehr dazu auf meiner Webseite https://simoneglitsch.de/



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